Vorbilder gesucht

Gideon sprach zu ihnen: Seht auf mich und tut ebenso; wenn ich nun an das Lager komme – wie ich tue, so tut ihr auch! Wenn ich die Posaune blase und alle, die mit mir sind, so sollt ihr auch die Posaune blasen rings um das ganze Heerlager und rufen: Für den Herrn und für Gideon! Richter 7, 17-18

Jeder von uns hatte in seinem Leben Vorbilder. Man schaute auf sie, identifizierte sich mit ihnen und wollte sein wie sie. Bei mir war es mein Lehrer, den ich während meiner theologischen Ausbildung kennengelernt hatte. Seine Hingabe und sein brennendes Herz für Gottes Reich beeindruckten mich stark. Das liegt inzwischen über 50 Jahre zurück, er lebt schon lange nicht mehr, aber sein Vorbild hat sich tief bei mir eingeprägt. Er war für mich nicht nur wie ein Gideon, der sagen konnte: „Seht auf mich“. Alle Studenten wurden durch ihn geformt und sind gesegnete Knechte Gottes geworden.

Mahatma Gandhi, auch „die große Seele“ genannt, gilt bis heute als Vorbild für gewaltlosen Widerstand. Als indischer Rechtsanwalt und politischer sowie geistiger Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung entwickelte er 1947 ein Konzept des gewaltfreien Widerstandes. Durch sein Vorbild brachte er die unterdrückte Masse hinter sich und erreichte das Ende der britischen Kolonialherrschaft. Gandhi präsentierte sich gewöhnlich nur leicht bekleidet. Bei einem Staatsempfang mit Italiens Führer Mussolini führte er sogar eine Ziege mit sich, weil er nur Ziegenmilch trank und Erdnüsse aß. Als Mussolinis Kinder ihn sahen, mussten sie lachen. Darauf nahm Mussolini sie zur Seite und sagte: „Dieser einfache Mann erschüttert gegenwärtig das Britische Königreich. Indiens Geschichte wäre anders verlaufen, wenn es ihn nicht gegeben hätte.“ Unsere Gesellschaft sucht Menschen, die anderen Vorbild sein möchten, damit der Nachwuchs nicht in Kriminalität und Verrohung verkommt.

Peter Hahne schreibt in seinem Buch „Schluss mit lustig“: „Die Gesellschaft wird maßlos genannt, weil sie das Maß los ist. Wir haben Werte und Normen, Orientierungsmarken und Maßstäbe verloren. Das Maß wieder finden, heißt ja nichts anderes als: zurück zu den Quellen, zu den Wurzeln.“ So haben Pastoren und Mitarbeiter in Kirchen und Gemeinden ein weites Betätigungsfeld. Niemand hat einen besseren Zugang zu Menschen, als sie. Geistliche genießen immer noch Vertrauen unter der Bevölkerung. Man schaut auf sie und hört, was sie zu sagen haben. Diese Chance darf nicht ungenutzt bleiben. In der Regel sind es nicht Worte, die beeindrucken, es ist das Leben der Person. Ihr Denken und Handeln setzt Zeichen, an denen sich andere orientieren.

Das war der Grund, dass Petrus schrieb: Ich ermahne euch Mitarbeiter und Pastoren: Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund; nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde. So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen. 1. Petr, 5, 2-4.

Die Jünger hatten Jesus als ihr Vorbild. Sein Reden, Denken und Handeln hatte sie tief beeindruckt. Mit dieser Vision gingen sie aus und predigten das Evangelium. Es waren die Heiden, die sie Christen nannten, weil sie so lebten wie der Christus, den sie verkündigten. Welchen Namen geben uns die Menschen, unter denen wir leben?

Du bist begabt

Das Wenige, das ein Gerechter hat, ist besser als der Überfluss vieler Gottloser. Psalm 37, 16

Auf einer Studienreise entdeckte ich eine Gemeinde, deren Pastor sich besonders der Alten angenommen hatte. Er sagte: „Wir haben einen Auftrag an den Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind. Für sie beginnt ein Lebensabschnitt, der für viele nicht einfach ist. Niemand will sie mehr haben oder sie um Rat fragen. Viele werden auch nicht mehr ernst genommen oder in ein Altersheim abgeschoben. Dabei haben gerade diese ein großes Potential an Wissen und Lebenserfahrung. Gottes Wort sagt über unsere Alten, dass sie grünen sollen wie ein Palmbaum, blühen, fruchtbar und frisch sein sollen. Ps. 92, 15. „Du bist begabt“ weiterlesen

Kenne deine Schwachstellen

Ich aber laufe nicht wie aufs Ungewisse; ich kämpfe mit der Faust, nicht wie einer, der in die Luft schlägt, sondern ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde. 1. Korinther 9, 26-27

Mit der Jugend organisierte ich eine Freizeit am Edersee. Die Besichtigung des Schlosses Waldeck stand ebenfalls auf dem Plan. Der Burgführer erzählte aus der Geschichte. Bis ins 17. Jahrhundert galt dieses Schloss noch als uneinnehmbare Festung, bis eines Tages schwedische Soldaten sie zu erstürmen versuchten. Dabei ersannen sie sich eine List. Ein ranghoher Soldat begab sich freiwillig in Gefangenschaft, er wollte die Schwachstellen der Burganlage auskundschaften. Die ahnungslosen Burgherren gebrauchten ihn für allerlei niedrige Arbeiten und auch dazu, täglich Wasser aus dem 120 Meter tiefen Brunnen zu schöpfen. Auf diese Arbeit hatte er gewartet. Der Brunnen war eine Schwachstelle. Sofort fertigte er eine Skizze von der Lage des Brunnens an und warf sie mittels eines Steines in das Lager seiner Kameraden. Diese machten sich unverzüglich an die Arbeit, einen Tunnel bis hin zum Brunnenschacht zu graben, um das Wasser zu vergiften. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit bis alle erkrankten und die Burg erstürmt werden konnte. „Kenne deine Schwachstellen“ weiterlesen

Nur ein Stein

Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, dass der Stein in seine Stirn fuhr und er zu Boden fiel auf sein Angesicht. 1. Samuel 17, 49

Der Sechstagekrieg vom 5. bis 10. Juni 1967 war einer der vielen Versuche, die Juden umzubringen. Ein Volk von 3 Millionen wurde von 14 arabischen Völkern, mit insgesamt 110 Millionen, mit dem Schlachtruf konfrontiert: „Werft die Juden ins Meer“. 1000 ägyptische Panzer und 100.000 Soldaten waren aufmarschiert. Dieser Krieg dauerte nur 100 Stunden. In dieser Zeit verloren die Ägypter 21.000 Soldaten, einschließlich ihrer gesamten Ausrüstung. Jordanien und Syrien erging es nicht viel anders. Dazu wurde der Gazastreifen besetzt. Die Zeitungen schrieben: „David hat wieder einmal gegen Goliath gekämpft und gesiegt.“ „Nur ein Stein“ weiterlesen

Säe Glauben und ernte Wunder

Ich bin davon überzeugt: Wer wenig sät, der wird auch wenig ernten; wer aber viel sät, der wird auch viel ernten. So soll jeder für sich selbst entscheiden, wie viel er geben will, und zwar freiwillig und nicht aus Pflichtgefühl. Denn Gott liebt den, der fröhlich gibt. 2. Korinther 9, 6-7

Es gibt Samen, die so winzig sind, dass man nicht glauben könnte, dass daraus Leben entstehen könnte. Der Orchideensame zum Beispiel, der nur 1 Millionstel (= 0,000001) Gramm wiegt, gehört dazu. Erst 30.000 von ihnen entsprechen dem Gewicht eines Reiskorns. Für den Transport von Pflanzensamen werden drei Mittel benutzt: Wind, Wasser und Tiere. Viele Samen sind für das Fliegen besonders gut ausgestattet. Der uns bekannteste Windflieger ist der Löwenzahn, dessen Samen irgendwo als Fallschirme landen. Die Samen der Ahornbäume hingegen haben Drehflügel. Die Kokosnuss wiederum kann monatelang auf dem Ozean schwimmen, um endlich an einer fernen Insel zu landen. Eine andere Methode der Samenausbreitung ist die Passage durch den Darm von Tieren. „Säe Glauben und ernte Wunder“ weiterlesen

Die Macht der Worte

Die Zunge ist nur ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald kann es entzünden. So ist auch die Zunge ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit. Sie ist nur ein kleines Glied aber befleckt den ganzen Leib; sie ist in der Lage, die ganze Welt anzuzünden, wenn sie von der Hölle entzündet ist. Jakobus 3, 5-6.

Es gibt kein Wesen, das mit Feuer hantiert, als allein der Mensch. Feuer ist faszinierend und zieht in seinen Bann. Ich werde an einen Zeitungsbericht erinnert: Feuerwehrmann als Brandstifter entlarvt. Als Begründung hieß es: „Ich wollte es mal richtig brennen sehen, darum habe ich das Feuer gelegt.“ Ein anderer Bericht: Kinder spielten in der Scheune mit Feuer, als es plötzlich außer Kontrolle geriet. Das ganze Gehöft wurde eingeäschert, es entstand ein hoher Sachschaden.

Alles Leid auf dieser Welt verdankt der Mensch dem Menschen. Oft genügt schon ein unbedachtes Wort, um einen Flächenbrand auszulösen. Das Grundübel ist die Zunge. Mit Worten werden Freundschaften geschlossen, aber auch zerstört. Mit Worten werden Menschen geführt, aber auch verführt. Durch Worte sind Revolutionen entstanden und Kriege mit Millionen von Toten geführt worden. Mit Worten wird Gottes Reich gebaut, aber auch zerstört. „Die Macht der Worte“ weiterlesen

Ein Gefängnis wird zur Kanzel

So ermahne ich dich um meines Sohnes willen, Onesimus, den ich gezeugt habe in meiner Gefangenschaft. Philemon 10

Unter den vielen Briefen des Paulus ist der Brief an Philemon ein Dokument besonderer Art. Es entstand im Gefängnis, in dem Paulus eine Haftstrafe absitzen musste wegen Verbreitung des Evangeliums.

Aus der Geschichte wissen wir, dass damalige Gefängnisse nicht mit den unseren zu vergleichen sind. Gewalt, Folter und Demütigungen waren an der Tagesordnung. Rechtanwälte gab es keine. Die Gefangenen waren der Gunst der jeweiligen Herrscher bedingungslos ausgeliefert. „Ein Gefängnis wird zur Kanzel“ weiterlesen

Wenn es nicht mit rechten Dingen zugeht

Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Epheser 6, 12.

Der Apostel Paulus schrieb diese Worte, weil sein Dienst eine ständige Konfrontation mit den Listen des Bösen war. Er schreibt sogar, dass Satan ihn mit Fäusten schlagen würde.

Den Thessalonichern sagte er: Ich wollte zu euch kommen, einmal und noch einmal, doch Satan hat mich gehindert. 1. Thess. 2, 18.

Klingt das nicht merkwürdig, wenn ein gebildeter Mann wie Paulus von Satan und seinen Machenschaften spricht? Kaum ein Theologe würde das heute wagen. Wir leben doch in einer aufgeklärten Gesellschaft und können Zusammenhänge und Ereignisse erklären. Paulus sah das anders. „Wenn es nicht mit rechten Dingen zugeht“ weiterlesen

Jesu letzte Worte

Ihr aber werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Welt. Apostelgeschichte 1, 8

Den letzten Worten eines Menschen, der uns verlässt, schenkt man besondere Aufmerksamkeit. Schließlich kann es ein Abschied für immer sein und was dann noch gesagt wird, kann von Bedeutung sein. So erlebte ich viele Male solche Momente auf dem Bahnhof. Der Zug rollte ein und der Augenblick der Trennung war gekommen. Noch eine herzliche Umarmung, einen Kuss und dann noch ein paar Worte und die Tür begann sich zu schließen, der Zug fuhr ab.

Jesus befand sich mit seinen Jüngern in einer ähnlichen Situation. Über drei Jahre waren sie zusammen gewesen und hatten viel miteinander gesprochen und Jesus hatte sie gelehrt. Sie waren Freunde geworden. Jesus hatte seinen Auftrag erfüllt und wollte zu seinem himmlischen Vater zurückgehen. Nun kam die Stunde des Abschieds. Sie hatten noch viele Fragen, besonders im Blick auf die Zukunft Israels. Schließlich waren sie echte Patrioten und wünschten sich die politische Unabhängigkeit von den Römern. Wann werden wir wieder unabhängig sein, war eine Frage. Jesus geht nicht darauf ein, dafür spricht er vom Heiligen Geist und sagt: Ihr aber werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Welt.

Warum hatte er so geantwortet? Er wollte sagen, dass er jetzt seine Jünger zwar verlassen würde, sie aber nicht ohne Schutz und Hilfe zurückbleiben sollten. Der Empfang des Heiligen Geistes ist jetzt wichtiger, als alle Fragen beantwortet zu bekommen. Der Heilige Geist wird mein Vertreter und euer Tröster und Lehrmeister sein. Wenn ihr den empfangen habt, braucht ihr mich nicht mehr auf den staubigen Straßen von Jerusalem zu suchen, dann bin ich bei euch alle Tage bis an das Ende aller Zeiten.

Wenn der Heilige Geist euch erfüllt, werdet ihr erleben, was ich für das Volk Israel in der Wüste tat. Ihnen bahnte ich einen Weg durch die hohen Fluten des Roten Meeres, damit sie trockenen Fußes hindurchgehen konnten wie auf einer Straße, weil die Wolke der Herrlichkeit Gottes über ihnen schwebte.

Dasselbe gedenke ich auch euch zu tun mit dem Heiligen Geist. Eure Nachfolge wird nicht einfach sein. Sie hatten mich gehasst, sie werden auch euch hassen. Sie verfolgten mich, sie werden auch euch verfolgen. Seid aber unbesorgt: Wenn ihr den Heiligen Geist in euch habt, werdet ihr euch nicht mehr zu fürchten brauchen. Er wird euch Weisheit geben und eure Gebete und euer Bekennen wird er segnen.

Ich werde durch meinen Geist auch euer Versorger sein, damit ihr keinen Mangel habt, ganz so wie ich es beim Volk Israel vierzig Jahre jeden Tag tat. Ihnen gab ich täglich frisches Brot vom Himmel und auch ihr werdet erleben, dass ich mich nicht verändert habe. Die Wanderung durch die Wüste wird zur besten Zeit eures Lebens werden, wenn ihr unter meiner Wolke, dem Heiligen Geist, bleiben werdet. Die letzten Worte Jesu waren also eine großartige Verheißung! Jeder kann vom Heiligen Geist erfüllt werden. Wenn du ihn empfangen möchtest, dann nimm die Worte Paulus ernst, wenn er sagt: Werdet voll Geistes. Eph. 5, 18

Eine geheimnisvolle Verwandlung

So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft.  1. Korinther 15, 42-43

Gott möchte uns durch die Schöpfung Geheimnisse offenbaren, die der natürliche Mensch nicht erfassen kann. Wer im Frühling durch die Natur geht, kann zum Beispiel das Wunder der Auferstehung tausendfach beobachten. Nachdem die Sonne wärmer geworden ist, schmelzen Schnee und Eis und neues Leben sprießt hervor. Dieses Erwachen können wir auch das Wunder der Verwandlung nennen. Der Tod ist nicht das Ende, weil Leben stärker ist. So wird auch der Friedhof für uns nicht die letzte Ruhestätte sein. Der Tag wird kommen, an dem unser Leben erst richtig beginnen wird. Eine kleine Geschichte soll uns das verdeutlichen:

Eine Tulpenzwiebel lag mit ihresgleichen wohl verpackt im Supermarkt. „Ja, dieses Leben gefällt mir, sagte sie“, bis eines Tages der Gärtner vorbeikam und nach ihr griff. „Was hast du mit mir vor?“ fragte sie empört. Der Gärtner schaute sie freundlich an und sagte: „Für ein Leben im Supermarkt bist du viel zu schade, dafür hat dich der Schöpfer nicht erschaffen. Du bist für etwas Höheres bestimmt. Ich will dir helfen, dein verborgenes Potential an Vitalität und Schönheit zu entdecken und zu entfalten und das alles zu deiner Freude. Bist du bereit dazu oder genügt dir ein Dasein im Supermarkt?“ Die Tulpenzwiebel überlegte nicht lange. „Wenn das so ist, dann mach mit mir, was zu meinem Vorteil ist“, sagte sie voller Zuversicht.

„Gut, sagte der Gärtner, dann werde ich jetzt für dich ein Loch in die Erde graben und dich hineinstecken. Lebensfülle und Schönheit gibt es nicht gratis, sondern nur über den Tod. Ab jetzt wirst du für eine gewisse Zeit in der dunklen Erde verbringen müssen. Erst so kann ich an dir das Wunder der Verwandlung vollbringen. Du wirst wieder hervorgehen und jeder wird staunen, was aus dir geworden ist. Eine neue Schöpfung wirst du sein, voller Lebenskraft und Schönheit und das ohne Ende.“ Die Tulpenzwiebel überlegte eine Weile und fragte: „Gibt es da keinen anderen Weg, um das zu erreichen?“ Der Gärtner schaute sie an: „Alles Wertvolle im Leben wird aus Dunkelheit und Schmerz geboren. So ist es bereits bei der Geburt eines Menschen und so wird es sich immer wiederholen. Gold wird im Dunkeln der Erde gefunden und durch Feuer geläutert, ehe es die Krone eines Königs zu schmücken vermag. Diamanten werden im Dunkeln durch Druck geformt und dann geschliffen, ehe sie zu funkeln beginnen.“ – So nahm der Gärtner die Tulpenzwiebel und vergrub sie in der Erde. So vergingen Monate und nichts geschah, bis sich ganz zart und leise kleine Wurzeln zu bilden begannen und sich ein Trieb durch die Erde einen Weg ans Licht bahnte. „So war es geplant“, sagte der Gärtner zufrieden. „Der Tag ist gekommen, an dem für dich ein neuer Lebensabschnitt beginnen wird. Aus einer bedeutungslosen Zwiebel ist eine prächtige Tulpe entstanden, voller Schönheit und Lebenskraft.“ Darauf die Tulpenzwiebel: „Ich danke meinem Schöpfer, dass er das Leben einer Tulpe in mich hineingelegt hat, sonst hätte es auch anders kommen können.“ – Was der Mensch sät, dass wird er auch ernten.

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