Artikel im Mühlacker Tagblatt

Von Thomas Eier Erstellt: 24. August 2019, 00:00 Uhr

Der Zauber des Bänkleins bei der Burg

Das Iptinger Ehepaar Erhardt und Helga Stiefel verbindet mit seinem Lieblingsplatz in Mühlacker ganz besondere Erinnerungen.

Diesen Sonntag feiert das Ehepaar Stiefel aus Iptingen seinen 53.Hochzeitstag und lädt dazu Familie und Freunde ins „Il Castello“, die Gaststätte bei der Burg Löffelstelz, ein. Der Schauplatz der Feier ist alles andere als zufällig gewählt, und das liegt an einer Sitzbank in der Nähe.

Ein Metallschildchen an der gespendeten Sitzbank erinnert an den romantischen Hintergrund.

Mühlacker. In einer Ecke der Burganlagen, unweit des Grillplatzes, können Besucher im Schatten mächtiger alter Bäume die Stille in der Natur genießen. Doch über den reinen Erholungswert hinaus hat die schlichte Sitzgelegenheit, die sich auf den ersten Blick nicht von anderen unterscheidet, für Helga und Erhardt Stiefel eine besondere und sehr persönliche Bedeutung. „Es ist unser Kennenlern-Bänkchen“, sagt Helga Stiefel mit einem Lächeln.

Die gemeinsamen Erinnerungen reichen, wie ein Metallschildchen an der Rückenlehne offenbart, zurück bis ins Frühjahr 1965, als sich an selber Stelle aus einer Bekanntschaft mehr entwickelte. Noch mit Sicherheitsabstand hatten der 23-jährige Erhardt und die 17-jährige Helga, als sie damals ihren Spaziergang unterbrachen, auf der Bank Platz genommen und waren sich dann rasch näher gekommen. „Ich habe ihre Hand genommen, und sie hat sich nicht gewehrt“, beschreibt Erhardt Stiefel die ersten zarten Bande, die in eine lebenslange Verbindung mündeten.

Über fünf Jahrzehnte später gehören drei erwachsene Kinder – zwei Söhne und eine Tochter – und drei Enkelkinder zur Familie, die sich 1974 den Traum vom Eigenheim in Iptingen erfüllte. Helga Stiefel stammt ursprünglich aus Hochdorf, und der gebürtige Donauschwabe Erhardt war 1960 der Arbeit wegen aus Westfalen in den Süden gekommen, wo er einige Jahre erst in Lienzingen und dann an der Enzstraße in Mühlacker wohnte – nur eine kurze Episode in jungen Jahren, aber jene, in der die Basis für eine große Liebe gelegt wurde. Der Ingenieur für Elektrotechnik, der nach den Lehrjahren und acht Jahren bei der Bundeswehr 32 Jahre bei SEL in Zuffenhausen beschäftigt war, und die kaufmännische Angestellte, die sich beim Sozialpsychiatrischen Dienst in Pforzheim engagierte, blieben Mühlacker und ihrem Lieblingsplatz bei der Burg immer verbunden, der im vergangenen Jahr in dramatischer Form neu in den Fokus rückte.

Ein schweres Herzleiden bedrohte das Leben von Helga Stiefel, und nach einem stationären Aufenthalt im Mühlacker Krankenhaus, als die Zukunft ungewiss schien, fasste ihr Mann den spontanen Entschluss zu einem Abstecher zur Burg, um die Sorgen abzuladen und neue Kraft zu schöpfen. Doch wie das Ehepaar Stiefel feststellen musste, war hier die geliebte alte Bank verschwunden. „Da kam mir der Geistesblitz, und ich habe zu ihr gesagt, ich werde eine neue Bank spenden, und wir beide sitzen dann wieder gemeinsam drauf“, schildert Erhardt Stiefel seinen Entschluss zwischen Hoffen und Bangen.

Das Happy End folgte in doppelter Hinsicht, denn als sich Helga Stiefel erholte, setzte ihr Mann sein Versprechen umgehend in die Tat um und stiftete eine Bank. Dieses Zeichen der Dankbarkeit wiederum passte ideal zu den Bemühungen der Bürgerstiftung, der Stadt Mühlacker und ihrer Partner, die Burganlagen in ein hochwertiges Arboretum mit Baumlehrpfad, neuer Bepflanzung und neuer Blumenwiese zu verwandeln. Zur Aufenthaltsqualität gehören Sitzgelegenheiten zum Verweilen, und als der Iptinger mit seiner Spendenofferte im Rathaus anklopfte, rannte er offene Türen ein. „Ich habe auf einer Karte den gewünschten Standort markiert, dann ging alles ganz schnell“, lobt der 77-Jährige die rasche Reaktion der Stadtverwaltung und das unbürokratische Verfahren.

Ruck, zuck, stand am entsprechend befestigten Standort auf der Wiese oberhalb vom Grillplatz die neue Holzbank, deren Spenderschildchen an der Rückenlehne den romantischen Hintergrund andeutet: „Helga & Erhardt – im Frühling 1965“ steht darauf eingraviert, und wenn die 72-Jährige und ihr Mann heute den Platz besuchen, an dem alles begann, hat das auch Züge eines glücklichen Neuanfangs.

Die Umgebung habe sich – abgesehen von den sichtbaren Erfolgen des Arboretum-Projekts – kaum verändert, nur der Bewuchs vorne an der Felskante sei dichter geworden, was die Aussicht erschwere, sagt der frühere Segelflieger Erhardt Stiefel, der von den Burganlagen aus gerne das Geschehen am Himmel über Dürrmenz verfolgt. Gemeinsam mit seiner Frau natürlich, die von gemütlichen Spaziergängen in den schönen Winkeln Mühlackers – zum Beispiel entlang der Enz in Richtung Enzberg – schwärmt. Der schönste Platz jedoch bleibt die Bank bei der Burg, und das gilt auch und gerade am Hochzeitstag.

3 Antworten auf „Artikel im Mühlacker Tagblatt“

  1. Wie schön sind die Erinnerungen der ersten Liebe. Euch Beiden, lieber Erhardt & Helga, wünschen wir noch mehr Hochzeitstage, die ihr auf diesem schönen Bänkchen, mit euren Namen eingraviert, sitzen werdet und den Lebensfilm ablaufen lassen könnt. Wenn auch der Körper altert, so sind wir innerlich doch jung geblieben mit all den schönen Erinnerungen.
    …..sollte ich eine Überschrift darüber setzen, „als flögen wir davon…“ liebe Grüße von deiner Cousine, Ella

    1. Gerade sind die letzten (Übernachtungs-)gäste weitergefahren und ich kann mich jetzt wieder meinem PC widmen. Danke für deinen Kommentar, liebe Ella. Ich habe gerade nochmal in unserem Stammbaum nachgeschaut. Ihr habt ja nur eine Woche nach uns geheiratet und somit am 03.September auch euren 53.Hochzeitstag. Das werde ich (hoffentlich) nicht vergessen. Herzliche Grüße nach ‚downunder‘ von Helga & Erhardt

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