Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Lukas 22, 62
Es gehört schon einiges dazu, bis Männer anfangen zu weinen. Mein Vater weinte, wenn er betrunken war und Mutter ernsthaft mit ihm sprach, dass er die Familie verarmen lasse. Dann versprach er, dass er nie wieder trinken würde. Diese Tränen waren kaum vertrocknet, schon saß er wieder im Wirtshaus. „Jungens weinen nicht!“ sagte meine Mutter zu mir, als ich mich als Kind an ihrem Rockzipfel ausheulen wollte, weil böse Buben mir einen Streich gespielt hatten. Tränen sind ein Zeichen von Schwäche und es gibt viele, die noch nie Tränen vergossen haben.
Jesus hatte Petrus mit der Zusage erwählt, dass er mit ihm seine Gemeinde bauen wolle. Er nannte ihn sogar „Fels“, wahrscheinlich deshalb, weil er Qualitäten in ihm sah, die für eine solche Arbeit unverzichtbar sind. Petrus hatte Jesus geliebt und erklärte sich sogar bereit, für ihn sein Leben opfern zu wollen. Er bewies es dann auch im Garten Gethsemane und zog das Schwert, um Jesus vor dem Zugriff der Soldaten zu retten.
Was war geschehen? In entscheidender Stunde schämte er sich, weil Jesus so entwürdigt dastand. Man hatte ihn entblößt, entehrt, gedemütigt und blutig geschlagen. So stand er da, blutverschmiert und von allen abgelehnt, als Petrus von einigen Zuschauern unvermittelt gefragt wurde, ob er nicht sein Jünger sei.
Eigentlich hätte er voller Stolz sagen sollen: „Ja, ihr vermutet das zu Recht, ich gehöre zu ihm und bin stolz darauf“. – Aber das ging in dieser Situation gegen seine Mannesehre. Einen siegreichen Helden wollte er schon ehren, aber keinen, der von der Öffentlichkeit ausgestoßen wurde. Petrus leistete sogar einen Schwur vor Gott, um zu bekräftigen, dass er ihn nicht einmal kennen würde.
Eigentlich wäre dies das Ende einer Freundschaft gewesen, wenn es da nicht den Hahnenschrei gegeben hätte. Jesus hatte ihm prophezeit, dass der Hahn nicht krähen würde, ehe er dreimal geleugnet habe, ihn zu kennen. Dieses Krähen benutzte Gott und durchbohrte sein stolzes Herz und ein selbstsicherer Mann wurde in die Knie gezwungen. Er fing an, bitterlich zu weinen; aber diese Tränen trugen dazu bei, dass alles hinweggeschmolzen wurde, was Gott hinderte, einen barmherzigen Menschen aus ihm zu machen.
Haben wir nicht alle schon mal versagt, vielleicht vor der eigenen Frau, den Kindern, vor der Öffentlichkeit oder in der Gemeinde? Bekamen wir nicht alle schon mal das Gefühl, dass die Freundschaft für immer zerstört wurde und niemand uns mehr vertraut? Verharmlosen wir nichts. Stellen wir uns der Situation, wie Petrus. Er schämte sich nicht zu weinen und in sich zu schlagen.
Solche Momente können mehr bewegen, als viele verharmlosende Worte. Oft sind sie es allein, die Beziehungen wieder heilen können und Ehen retten. Solche Tränen können sogar einer zerstrittenen Gemeinde zu einem Neuanfang verhelfen und es kann sich erfüllen, was Gott gesagt hat: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen. Jes. 57, 15