Es spricht eine Stimme: Predige! Und ich sprach: Was soll ich predigen? Jesaja 40, 6
Als ich mich als Pastor vorstellte, sagte jemand: Dann gehören auch sie zu den Leuten, die man sechs Tage in der Woche nicht sieht und am siebenten nicht verstehen kann, der Fragen beantwortet, die niemand gestellt hat. Peinlich, aber wahr. Die meisten Pastoren erreichen die Herzen ihrer Hörer nicht, wie auch, wenn sie irgendwo hoch im Turm der Gelehrsamkeit sitzen, fern dem Lärm der Straße und sich Gedanken über Menschen machen, die sie nicht sehen können, geschweige denn wissen, wo sie der Schuh drückt. Kein Wunder, wenn unsere Kirchen immer leerer werden und die Stühle neu gesetzt werden müssen, damit wenigstens der Eindruck entsteht, dass noch einige gekommen sind. Ist das die Vorstellung Jesu von Kirche, als er sagt: Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen? Wohl kaum, und so ist es ja nun auch nicht. Im Gegenteil, die Kirche hat Hochkonjunktur, – nur nicht bei uns. Tausende versammeln sich jeden Sonntag, beten an, singen und kommen gerne wieder. Hier ist wohl alles anders als anderswo. Warum eigentlich? Sind wir gottloser, als andere oder fehlt es an Pastoren, die begriffen haben, was eine Predigt sein soll und was sie predigen sollten?
Eine gute Predigt sollte eine Brücke sein von der Kanzel zu den Menschen auf der Straße. Fragen, die ganz unten gestellt werden, sollten von der Kanzel beantwortet werden und das in einer Sprache, die selbst ein Kind zu verstehen vermag. Ist das zuviel verlangt? Sicher nicht. Das Volk hat ein Recht darauf, Botschaften zu hören, die Hilfe bringen, trösten können und motivieren, den Kampf des Leben zu Ende zu führen, bis das Ziel erreicht ist.
Eine gute Predigt sollte eine Botschaft zum Anfassen sein, praktisch und nachvollziehbar, möglichst illustriert; – das Volk möchte Visuelles und das alles mit einem Aufruf verbunden, jetzt und sofort etwas empfangen zu dürfen und wenn es nur ein Gebet mit Handauflegung wäre. Ob das ankommt? Woanders schon, aber bei uns sind die schönsten Dinge bis zur Unkenntlichkeit rationalisiert worden. Schnell muss alles sein.
Eine gute Predigt ist und bleibt der Höhepunkt jedes Gottesdienstes. Alles, was vorangeht, zielt darauf hin und alles, was danach folgt, kommt von ihr her. Das Volk kam, um sich zu öffnen, damit der Pastor Zugang zu ihrem Garten bekommt. Wohl dem Pastor, der weiß, wie man einen Garten zu pflegen hat. Er wird es nicht versäumen, zu jäten, aber auch zu düngen und zu begießen. Ob das in unseren Kirchen noch erlaubt ist, in einer Gesellschaft, die nicht bereit ist, Rat anzunehmen oder verbindlich zu werden? Dennoch: Der Mensch ist von Gott so erschaffen worden, dass er moralische Werte braucht, weil er ohne sie nicht leben kann. Er braucht auch Verbindlichkeit, er sucht aber solche, die einen Sinn für sein Leben und die Allgemeinheit macht.
Willst du ein guter und erfolgreicher Pastor sein, dann bedenke, dass Pastor eigentlich Hirte bedeutet. Ein Hirte glaubt an seine Berufung und weder Geld noch Ehre oder Ansehen können ihn daran hindern, ihr nachzukommen und Gott wird sein Versorger sein. Ein Hirte ist bereit, sich unter das Volk zu mischen, wie ein Hirte unter seine Schafe. Ob dir das gelingen wird? Woanders schon, aber hier bei uns, wo finanzielle Absicherung an oberster Stelle steht? Es wird dir gelingen, auch in unserem Lande.