Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben. Psalm 126, 5-6.
Allein der Mensch vermag zu weinen. Bereits das neugeborene Kind vergießt Tränen. Ob das einen Grund hat? Wer heute Tränen vergießt, beweist Schwäche – so jedenfalls denken die meisten. Viele haben es sich abgewöhnt, Gefühle zu zeigen oder zu weinen. Härte ist gefragt. So kann man ohne Rührung zusehen, wenn andere umgebracht, gefoltert oder vergewaltigt werden. Ja, wir dürfen Angst haben, Gefühle zeigen und weinen. Wir dürfen auch kapitulieren und uns zerschlagen fühlen und am Boden liegen. Das alles muss kein Zeichen von Schwäche sein. Die Berichte aus der Bibel zeigen viele Geschichten, die mit Tränen geschrieben wurden. Dabei waren es in erster Linie sogar Tränen von Männern und Frauen, die Gott von Herzen liebten. Viele Psalmen sind geradezu getränkt von Tränen, Jammer, Schmerz und Leid.
Tränen haben eine heilsame Wirkung. Tränen können unsere Gefühle kultivieren, uns barmherzig machen, Anteilname und Mitleid wecken. Tränen sind Herzenssache; es weint das Herz. Allein das Herz kann ein Ereignis wiegen wie eine Waage und ihm Gewicht und Bedeutung geben. Das kann der Verstand nicht, er registriert und geht zur Sache über.
Tränen reinigen nicht nur die Augen, sie helfen auch meine Mitmenschen besser zu erkennen, dann sehen wir die Menschen mit den Augen Jesu. Jesus weinte, als er die Menschen in Jerusalem sah. Er war tief erschüttert, als er an ihre Zukunft dachte, und dabei hätte er ihnen so gerne geholfen, aber sie wollten nicht. Die weitere Zukunft dieses Volkes kennen wir. Jesus weinte am Grab des Lazarus, obwohl er ihn wieder auferweckte. Mit seinen Tränen akzeptierte er die Realität des Todes und spendete damit all denen Trost, die ihre Toten nicht wieder zurück bekommen. Jede heiße Träne bringt die Kälte in uns zum Schmelzen und bewirkt Einsicht – eine Reue, auf die niemand verzichten kann. Man hört auf, mit drohendem Finger auf andere zu zeigen.
Liebe und Schmerz tun nur so, als kennten sie sich nicht, dabei sind sie miteinander verwandt. Es gibt keine Liebe, die sich nicht auch sorgt. Es gibt keine Sorge ohne Grämen und keinen Gram ohne Schmerz. Deshalb haben wir einen Hohepriester, der weinen konnte. Sollte seine Liebe zu uns heute ohne Schmerz sein? Paulus schämte sich seiner Tränen nicht, wenn er den Vorstehern der Gemeinde in Ephesus sagte: Ihr wisset, wie ich allezeit bei euch gewesen bin und dem Herrn gedient habe mit aller Demut und mit Tränen und Anfechtungen. Apg. 20, 18-19. Viele seiner Briefe hatte er ebenfalls unter Tränen geschrieben, aus Sorge um die Zukunft der Gläubigen. 2. Kor. 2, 4.
Auch Christen streuen ihren Samen, dazu hat Gott sie berufen. Die Menschen um sie herum sind es wert, die Gute Nachricht zu empfangen. Wir können den guten Samen weitergeben, wie der Landmann es auf dem Acker macht. Guter Same will aber begossen sein, wenn er wachsen soll; so sollten wir ihn unter Tränen ausstreuen, aus Mitleid über den geistlichen Zustand unserer Zeitgenossen.