Geduld, eine unverzichtbare Tugend

Ein Geduldiger ist besser als ein Starker und wer sich selbst beherrscht, besser als einer, der Städte gewinnt. Sprüche 16, 32

Wir verbrachten unsere Ferien in Norwegen. Ein Boot stand ebenfalls zur Verfügung und es reizte mich, auf den Fjord hinauszurudern. So gingen meine Frau und ich hinab zur Anlegestelle, doch das Boot lag unerwartet auf einer Sandbank. Vor Stunden schwamm es noch. Mit aller Kraft versuchte ich, es ins Wasser zu bringen, und als ich mir den Schweiß von der Stirn wischte, sagte meine Frau: „Wenn du warten könntest, bis die Flut kommt, bräuchtest du dich jetzt nicht so anzustrengen“. Ich hatte eine wichtige Lektion gelernt: Geduld ist eine unverzichtbare Tugend.

Wir leben in einer Zeit, in der Geduld nicht interessant ist. Was nicht schnell geht ist unproduktiv und schon versenden wir in wenigen Sekunden unsere Mitteilungen bis in den letzten Winkel der Erde. Wir hasten von einem Termin zum anderen und haben kaum Zeit, in Ruhe zu essen oder dem Partner zuzuhören oder mit ihm ein Gespräch zu führen. Ein Prediger sagte: „Wenn wir etwas erreichen wollen, reiten wir auf schnellen Pferden; möchte Gott aber etwas mit uns erreichen, sitzen wir auf Schnecken“. Gott möchte uns seinen Geist schenken, damit Geduld als Frucht in uns wachsen kann. Gal. 5, 22.

Der Geduldige hat den längeren Atem. Vom Landmann hat er gelernt, dass zwischen Saat und Ernte eine lange Zeit liegen kann, und so wartet er in Geduld, bis die Frucht reif geworden ist. Kann er das nicht, muss er sie unreif essen und wundert sich, wenn sein Mund sich mit Saurem füllt. Wie viele haben nie Geduld  gelernt und sind so von einer Katastrophe in die andere geeilt.
Geistliche Reife entsteht nicht über Nacht, aber oft unter harten Bedingungen und das über viele Jahre. Wer das akzeptiert, wächst zu einer Persönlichkeit mit Profil heran. Er kann Lasten tragen und tragfähige Entscheidungen treffen. Von keinem Sturm lässt er sich umwerfen. Der Geduldige hat den Weitblick. Er möchte Gott dienen und Ziele erreichen, weiß aber, dass Gott zwar seine Bereitschaft sieht, es ihm aber an Erfahrung und Kondition mangelt. Er rechnet damit, dass sein erster Versuch scheitern wird und er in der Gefahr stehen könnte, sein begonnenes Werk wieder aufzugeben. Trotzdem steht er wieder auf, weil er weiß, dass Erfahrungen Zeit brauchen und Weisheit und Gottvertrauen nicht über Nacht entstehen. So tröstet er sich mit Simson, der nach seinem Versagen erleben durfte, dass Gott ihm seine Kraft wieder zurückgab und er einen weit größeren Sieg über die Feinde Israels erleben durfte als zuvor. Rich. 16, 22- 31.

Der Geduldige weiß, dass Gott mit allem, was geschieht, einen Plan verfolgt und seine Uhren anders gehen als die eigene. So kann er auf die Stunde Gottes warten, denn der Tag wird kommen, wo jedes Knie sich beugen wird  und jede Zunge bekennen muss, dass Jesus Christus der Herr ist. Er tröstet sich mit den Worten: Meine lieben Brüder, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallt, und wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld wirkt. Die Geduld aber soll ihr Werk tun bis ans Ende, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und kein Mangel an euch sei. Jakobus 1, 2-4. Ich denke an meine Erfahrung in Norwegen: Warte ab bis die Flut kommt, dann regelt sich vieles von selbst.

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