Trauer, ein Schmerz der Seele

Trauern ist besser als Lachen; denn durch Trauern wird das Herz gebessert. Prediger 7, 3

Trauer kann viele Ursachen haben. Wir trauern einer Zeit nach, die uns besser gefallen hatte, als diese. Wir trauern über die eigenen Kinder, wenn sie sich nicht so entwickeln, wie wir es gedacht haben. Es kann auch sein, dass ein lieber Mensch von unserer Seite gerissen wird und plötzlich eine tiefe Leere in uns entsteht. Trauer hat immer etwas mit Verlust zu tun und wird als negativ empfunden. Trauer ist Herzeleid, ein Schmerz der Seele, den jeder ganz persönlich verarbeiten muss.

Jeder Mensch wehrt sich gegen einen solchen Schmerz und möchte ihn so schnell als möglich verdrängen und wieder los werden. Viele stürzen sich in die Arbeit, um nicht nachdenken zu müssen. Andere stillen ihren Schmerz mit Alkohol, Drogen und anderen Dingen. – Nur nicht trauern, sagen sie. Keinen Schmerz empfinden und nicht schwach werden, sondern stark bleiben. So wird etwas verdrängt, das eigentlich von großem Nutzen sein soll.

Unser Text will uns belehren: „Trauer bessert das Herz.“ Was soll durch Trauer besser werden, fragen wir uns. Es gibt kein besseres Mittel, den Menschen sensibler zu machen, als Trauer und Schmerz. In solchen Stunden beginnen wir in uns hinein zu hören; wir entdecken vielleicht zum ersten Mal, dass wir ein Herz haben, das fühlen kann, das seine eigene Sprache spricht und ganz andere Bedürfnisse hat, als angenommen wurde. Werden uns plötzlich Werte genommen, erkennen wir, wie vergänglich alles ist und wie stark unser Herz trotzdem daran hing. Wir entdecken sogar, dass es auch unvergängliche Werte geben muss. Trauer will uns sensibel machen für die Ewigkeit. Wir beginnen, über Gott nachzudenken. Ist ein lieber Mensch von uns gegangen, stellt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach einem Leben nach dem Tod, nach einem Wiedersehen. In Stunden der Trauer kommt die Ewigkeit zu uns und klopft an. Alles was bis dahin wichtig war, erhält plötzlich einen neuen Stellenwert. Trauer will uns aber auch zum Nachdenken und zur Besinnung Mut machen.

Natürlich können Trauer und Verlust das Herz auch verhärten. Hatten wir vorher Groll gegen Gott, dann werden wir nachher viel mehr grollen und verbittert sein. Dann offenbart der Verlust umso schneller, wie wir innerlich wirklich beschaffen sind und woran unser Herz hängt. Die Schrift sagt, wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. Wie reagiert ein Herz, wenn ihm sein Schatz genommen wird? Liegt es da nicht nahe, seinem Leben keinen weiteren Sinn mehr abgewinnen zu wollen? Wie viele begehen in solchen Stunden Suizid, weil sie der Meinung sind, dass ihnen nichts mehr geblieben ist. Für die anderen dagegen gibt es eine Hoffnung auf ein Wiedersehen, weil ihr wahrer Schatz in der Beziehung zum Schöpfer liegt. So trösten sie sich untereinander und freuen sich auf jenen Tag. Lasst uns Menschen sein, die nichts als selbstverständlich betrachten, solche, die sich nur als Verwalter aller irdischen Gaben betrachten und liebe Menschen nicht als ihr Eigentum behandeln. Ich wünsche mir, dass jeder würdig seine Trauer verarbeiten kann. Das Leben nach der Trauer darf an Qualität gewinnen, weil wir eine lebendige Hoffnung haben.

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