Verordnete Ruhe

„Geht jetzt an einen einsamen und stillen Platz“, sagte Jesus zu ihnen. „Ihr habt Ruhe nötig!“ Es waren nämlich so viele Menschen bei ihnen, dass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden. Markus 6, 31

Wer immer wieder gefordert wird, zu geben und für andere da zu sein, der sollte sich auch wieder einmal regenerieren dürfen. An diesen Gedanken knüpft Jesaja an, wenn er sagt: Männer werden müde und matt und Jünglinge straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. Jes. 40, 30-31.

Pastoren leben unter Menschen, die ständig etwas von ihnen erwarten. Selten ist er privat. Selten hat er eine reguläre Arbeitszeit. Kaum ist er daheim, klingelt das Telefon, und wieder nimmt ihn jemand in Beschlag. Ein Termin jagt den anderen und der nächste Gottesdienst kommt gewiss.

Ist es da verwunderlich, wenn der Ehepartner zu murren beginnt und die Kinder klagen und die Gottesdienste nicht gerne besuchen? Sie vermissen ihren Vater zu oft und deshalb muß ein Gottesdienst für sie etwas Negatives sein. Es ist auch nicht verwunderlich, wenn der Pastor selbst das Gefühl bekommt, ausgelaugt zu sein. Viele Menschen, die Gott im Segen gebrauchen konnte, kamen aus der Stille und Abgeschiedenheit.

In der Stille erlebte Jakob seinen Gott. Hier entdeckte er, dass er so, wie er war, seinem Bruder nicht  begegnen konnte. Hier  erkannte er, dass er  einen verändernden Segen brauchte. – Immerhin blieb er bei allem Erfolg ein Jakob, ein Betrüger. Gott sah das und segnete ihn und gab ihm den Namen Israel, d.h. „für den Gott streitet“. 1. Mos. 32, 23-32. Fernab aller Betriebsamkeit am Hof des Pharaos verbrachte Mose vierzig Jahre in der Wüste. Hier konnte er zur Ruhe kommen und durfte über sein bisheriges und zukünftiges Leben nachdenken. Hier lernte er auch mit der Stille umzugehen. Er konnte Gottes Stimme hören und seine Berufung empfangen. Hier lernte er, sich mit den Tücken der Wüste vertraut zu machen, um später das Volk Israel vierzig Jahre hindurchzuführen. 2.Mos. 3, 1-10.

Wir leben unter Menschen, denen Stille ein Fremdwort geworden ist. Überall ist Lärm und ohne es zu merken, sind viele lärmsüchtig geworden. Ihnen fehlt die Zeit, in Ruhe nachzudenken, und man wundert sich, wenn geantwortet wird, ohne richtig hingehört zu haben. Verwundert es da, wenn über 40 Prozent aller Haushalte Singlehaushalte sind und jede zweite Ehe wieder auseinandergeht? Sicher ist es nicht immer einfach, abzuschalten, wie Jesus es seinen Jüngern verordnet hat. Wer wagt es, alles einmal liegen und stehen zu lassen, um sich in die Stille zurückziehen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen? Und sollte sie eines Tages verordnet werden, wer könnte sie noch ertragen? Während Maria still zu Jesu Füßen ihren Platz gefunden hatte, beschäftigte sich ihre Schwester in der Küche. Jesus sagte: Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. –  Eigentlich sagt er: Du wirst umhergerissen, oder es ist etwas da, das dich hindert, mir zu Füßen sitzen zu können. Luk. 10. 38-42.

Durch Stillesein und geduldiges Warten würdet ihr stark sein, spricht der Herr. Jes. 30, 15.

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