Da fing Jesus an und sagte zuerst zu seinen Jüngern: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welches ist die Heuchelei. Lukas 12, 1
Mit nichts kann man besser täuschen als mit Religion; das war der Grund, weshalb Jesus die Pharisäer und Schriftgelehrten mit schärfsten Worten tadelte. Mit ihrer Heuchelei war es ihnen gelungen, sich als Herren über das Volk zu erheben und die Massen zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Sie hatten dem Volk das Himmelreich verschlossen und waren selbst nie hineingegangen. In unserer Nähe befindet sich ein Friedhof. Weil er wie ein Park angelegt ist, besuche ich ihn gerne. Unter den vielen Grabsteinen befindet sich einer, der ein Gesicht mit einer Maske zeigt, die gerade abgenommen wird. Die Botschaft ist eindeutig.
Der Zeitpunkt wird kommen, wo jeder mit seinem wahren Gesicht vor Gott erscheinen muss. Wie groß wird dann die Überraschung sein, wenn Menschen sich ohne Maske begegnen. Wie viel Grausamkeit, Lüge und Betrug wird dann offen zu Tage treten bei denen, die hier als ehrenwerte Bürger oder Geistliche von allen geliebt wurden.
Gott hat den Menschen aufrichtig erschaffen; das Auge eines Kindes gleicht einem ungetrübten Wasser, durchscheinend bis auf den Grund der Seele. Das ändert sich jedoch schnell. Es lernt von den Eltern und anderen Personen, wie man auf billige Art und Weise leben kann, um zu Ehre und Ansehen zu kommen, ohne dabei aufzufallen. Es lernt das Heucheln. So zählt der Verlust eines aufrichtigen Herzens zum größten Verlust wahren Menschseins. Anstatt den aufrechten Gang zu praktizieren, beginnt man zu kriechen und sich zu winden wie ein Wurm und das nur, um sein Ansehen zu bewahren. Solche Menschen gleichen Radfahrern, die sich nach oben bücken, aber nach unten treten. Sie versuchen mit ungedeckten Schecks Waren zu bezahlen, die ihnen nicht gehören. Menschen mit zwei Meinungen sind gespaltene Kreaturen. Die eine Meinung gilt der Öffentlichkeit und die andere nutzen sie privat. Je nach Bedarf machen sie davon Gebrauch, stets mit dem Ziel, anderen zu gefallen. Sie geben vor, Mitleid mit den Armen zu haben, denken in Wahrheit aber an sich selbst. Als Maria mit einer kostbaren Salbe Jesus die Füße salbte, protestierte Judas. Voller Mitleid sprach er von den Armen, die man mit dem Verkauf der Salbe hätte beschenken können, – immerhin hatte sie einen Wert von 300 Silbergroschen. Das sagte er aber nicht, weil ihm die Armen am Herzen lagen, sondern weil er das Geld unterschlagen wollte. Joh. 12, 1-6.
Diesen Zustand heilt Jesus und macht aus uns Menschen, wie aus einem Stück. Solche Menschen sind die wahrhaft Privilegierten in unserer Gesellschaft. Die Liebe Gottes hat sie erneuert. Sie haben eine Meinung und stehen dazu. Ihr ‚Ja’ ist ein ‚Ja’ und ihr ‚Nein’ ein ‚Nein’. Man kann sich auf sie verlassen. Sie sind treu und zuverlässig. Durch ihre Aufrichtigkeit gleichen sie zwar einem erhobenen Zeigefinger und dennoch bewundert man sie. Lasst uns solche Menschen sein, wie Daniel. Als der König befohlen hatte, nur noch ihn anzubeten, öffnete er sein Fenster und betete laut seinen Gott an. Zwar warf man ihn in den Käfig der Löwen, aber Gott hielt schützend seine Hände über ihn. Es gab unter den Verschleppten keinen Juden in Babylon, der so einflussreich war wie er. Sein aufrechter Gang hatte es möglich gemacht.
Dan. 6