Jesus konnte Nein sagen

Da sprach einer zu Jesus: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden. Er antwortete aber und sprach: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? – Wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter. Matthäus. 12, 47-50

Dieser Bericht lässt mich wissen, dass Jesus noch weitere Geschwister hatte. Es heißt, dass seine Mutter Maria und seine Brüder Jakobus, Joseph, Simon und Judas zu ihm gekommen waren, mit ihm zu sprechen. Dazu werden auch Schwestern erwähnt. Jesus wuchs also in einer kinderreichen Familie auf. Jesus verneinte ihren Wunsch und sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? – Wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.  Mit diesem „Nein“ macht Jesus deutlich, dass er seine Mutter nicht als eine Heilige betrachtet, die man göttlich verehren müsse. Im Gegenteil, er stuft sie als einen Mensch ein, der genau so der Erlösung bedurfte, wie seine Jünger oder irgend ein anderer. Der ganze Mythos, den man um Maria gemacht hat, ist eine Erfindung der Kirche. Er entbehrt jeder biblischen Grundlage.

Jesus sagte auch „nein“, weil er und seine Jünger ständig von Menschen umgeben waren, die etwas von ihm wollten. Die Kranken umlagerten ihn, sie wollten ihn berühren. Die Geistlichen umlagerten ihn, um ihm Fallen zu stellen. Es verblieb Jesus uns seinen Jüngern nicht einmal Zeit, in Ruhe eine Mahlzeit einnehmen zu können. Dieser Aspekt soll uns heute besonders beschäftigen. Wenn wir Menschen dienen, kann es uns ebenso ergehen. Viele Männer und Frauen im Reich Gottes haben für andere über Jahre alles gegeben. Nie gab es einen richtigen Feierabend. Lasst uns von Jesus lernen: Er konnte zur rechten Zeit nein sagen. Gott verlangt nicht, dass wir zu jeder Zeit für jedermann zur Verfügung stehen müssen. Bei allem bleiben wir für unsere Gesundheit und für unsere Beziehungen in der Ehe und Familie selbst verantwortlich. Wer seine Gesundheit zerstört, nur weil er der Meinung ist, immer ja sagen zu müssen, hat keine Verheißung. Wir sind Wächter über unsere Zeit, über unsere Gesundheit und über unsere Beziehungen. Diese Verantwortung nimmt uns niemand ab. Eine junge Frau kam in die Seelsorge. Sie wirkte sehr erschöpft. „Ich ersticke in der vielen Arbeit“, sagte sie mit einem Unterton von Resignation. Dann begann sie zu erzählen, was sie alles geleistet hatte und fügte hinzu, dass Gott das von ihr verlangen würde. Als ich das hörte, atmete ich tief durch und sagte, dass Gott mit mir anders umgeht. Er überlässt mir die Wahl, ob ich dieses oder jenes tun will und straft mich nicht, wenn ich auch mal nein sage. Erstaunt sagte sie: „Dann haben Sie wohl einen anderen Gott als ich.“ „Nein“, sagte ich, „wir haben den gleichen Gott, aber unser Verhältnis zu ihm ist ein anderes. Für Sie ist er der Chef. Chefs fragen nach Leistung. Ich bin sein Kind und er ist mein Vater. Kinder werden geliebt auch ohne Gegenleistung“. Wer meint ständig ‚Ja’ sagen zu müssen, lässt sich Bürden auftragen, die andere zu tragen nicht bereit sind. Kein Wunder, wenn man dann plötzlich merkt, dass irgendetwas nicht mehr stimmt. Man fühlt sich ausgebrannt, wirkt gereizt, ist aggressiv und gibt Gott an allem die Schuld. Am Ende leiden auch die Frau und die Kinder darunter. Alle werden in dieses Reizklima mit hineingezogen. Jesus konnte zur rechten Zeit nein sagen. Tun wir öfter mal dasselbe, auch wenn viele das nicht verstehen, weil sich jeder für wichtig hält. Habe trotzdem kein schlechtes Gewissen.

 

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