Unversehens mitten drin

Und als sie ihn hinführten, ergriffen sie einen, Simon von Kyrene, der vom Felde kam, und legten das Kreuz auf ihn, dass er’s Jesus nachtrüge. Luk. 23, 26.

Ein spektakuläres Verhör war zu Ende und die ganze Stadt Jerusalem war mehr oder weniger daran beteiligt gewesen. Pilatus, ihr römischer Stadtherr, war der Richter dieses Prozesses gewesen – eigentlich wider Willen. Das Volk hatte ihn bedrängt und so war er unter Druck gekommen und gehorchte ihrem Willen. Als Zeichen seiner vermeintlichen Unschuld, wusch er sich vor allen daraufhin die Hände.

Simon von Kyrene hatte mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun. Sein Heimatort war Kyrene in Nordafrika; offenbar war er Gast im Lande und zählte zu den Fremdlingen. Nichts ahnend kam er von der schweren Feldarbeit. Sein Weg führte ihn geradewegs in das Getümmel, das sich vor den Toren Jerusalems auf offener Straße abspielte. Drei Menschen schlichen in gebückter Haltung an ihm vorbei zur Hinrichtungsstätte, dem Hügel Golgatha. Ihre Leiber waren schändlich zugerichtet von den Geißelhieben ihrer Peiniger. Einem war eine Dornenkrone auf den Kopf gepresst worden, so dass sein Blut das Gesicht verschmierte. „Unversehens mitten drin“ weiterlesen

Alles verstanden?

Verstehst du was du liest? Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Apostelgeschichte 8, 31

Wie wäre die Geschichte ausgegangen, wenn Philippus diesem Mann nicht geholfen hätte? Daheim angekommen, hätte er seine Prophetenrolle unter anderen Reiseandenken verstaut und wäre zur Tagesordnung übergegangen. Jetzt aber war er Christ geworden und die Schlüsselperson zur Ausbreitung des Evangeliums in Afrika.

Spurgeons Predigten wurden verstanden und waren so begehrt, dass sie wöchentlich in alle Welt verschickt wurden. Selbst die größten Zeitungen Amerikas waren an ihnen interessiert und druckten sie ab. Von Billy Grahams Predigten wird Ähnliches berichtet. Ich habe oft darüber nachgedacht, ob unsere Hörer die Predigt wirklich verstanden haben. „Alles verstanden?“ weiterlesen

Wenn der Hunger plagt

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? Psalm 42, 2-3

Flavius Josephus beschreibt in seinem Buch „Der jüdische Krieg“ den verzweifelten Kampf der Juden zur Verteidigung der Stadt Jerusalem. Nach langer Belagerung brach eine Hungersnot unter der Bevölkerung aus.

Er schreibt: „ Es gibt kein Gefühl, das den Hunger an Intensität übertrifft; und kein Gefühl bringt den Hunger so absolut zum Schweigen, wie das Gefühl für das Schreckliche. Was sonst einem noch ans Herz rührt, das lässt ihn gleichgültig, sobald er hungert. Es gab Mütter, die ihren Kindern den Bissen aus dem Mund raubten. Horden Verhungernder durchzogen die Straßen und wo es nach Essbarem roch, drangen sie in die Häuser ein und durchwühlten alles, wobei vor keiner Grausamkeit zurückgeschreckt wurde.“ „Wenn der Hunger plagt“ weiterlesen

Was wird uns dafür?

Da fing Petrus an und sprach zu Jesus: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns dafür? Matthäus 19, 27

„Die Belohnung wird kommen“, antworte Jesus. „Ihr werdet mit mir auf Thronen sitzen in meiner Herrlichkeit und diesem Volk einmal das Urteil sprechen. Wer dazu irgendetwas in meinem Namen verlässt, wird es vielfältig wieder zurückbekommen und das ewige Leben dazu.“ Es gibt keine Religion, die mit solchen Verheißungen aufwartet, wie die christliche. Natürlich sind das Belohnungen, die irgendwo in der Ferne ihre Bedeutung finden werden, vielleicht erst nach dem Tode – aber die Frage des Petrus bezog sich auf das Jetzt, hier und sofort. Er hatte seine sichere Existenz aufgegeben, obwohl er eine Familie zu versorgen hatte. Er war bereit, sich in einen Kreis von Männern zu begeben, die fast ständig auf staubigen Landstraßen oder an den Stränden des Sees Genezareth unterwegs waren, die Spott und Hohn auf sich nahmen und nicht selten die Nächte im Freien zu verbringen hatten. „Was wird uns dafür?“ war sicher eine permanente Frage, die nicht nur Petrus allein bewegte. Auch Mose wird sich diese Frage gestellt haben, als er mit 600.000 Männern, dazu ihre Frauen und Kinder, in der staubigen Wüste unterwegs war. Sollte das der Lohn sein, wenn das Volk bei jeder Gelegenheit zu murren begann, nur weil ihnen die Umstände nicht behagten? „Was wird uns dafür?“ weiterlesen

Wenn Haare wieder wachsen

Aber das Haar seines Hauptes fing wieder an zu wachsen, nachdem es geschoren war. Richter 16,22

Hier wird uns ein Mann vorgestellt, der Hoffnungsträger einer Nation sein sollte. Gott hatte ihn bereits dazu erwählt, noch ehe er geboren wurde. Sein Geist erfüllte ihn und der Herr war mit ihm wohin er auch zog und was er tat, wird berichtet. Seine Eltern gaben ihm den Namen Simson, eig. „Mann in der Sonne“, oder der Mann, der seinem Volk Hoffnung bringen wird. Das hatte einen Grund. Israel war von Gott abgefallen. Anstatt den Lebendigen anzubeten, opferten sie den bösen Geistern. Die geistliche Dunkelheit hatte ihren Tiefststand erreicht, bis Simson kam. Er sollte das Werkzeug sein, welches die geistliche Situation ändern würde. „Wenn Haare wieder wachsen“ weiterlesen

Prospekt oder Wirklichkeit?

Befleißige dich, vor Gott dich zu erzeigen als einen rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiter, der da recht austeilt das Wort der Wahrheit. 2. Timotheus 2, 15

Es macht einen großen Unterschied, ob ich nur einen Prospekt über ein Land betrachte oder selbst vor Ort sein darf. Ein Prospekt kann zwar informativ sein, er kann mir aber keine Erfahrung mit dem Land und dessen Menschen vermitteln. Dazu fehlt ihm die dritte Dimension. Er besteht nur aus toten Buchstaben.

Eine Predigt kann genau so sein. Die schönsten Wahrheiten werden zwar verkündigt, aber niemand wird berührt und jeder geht seinen eigenen Gedanken nach. Am Ende ist jeder froh, wenn alles überstanden ist. – Man stelle sich vor, wie der geistliche Zustand der Hörer sein wird, wenn sich das immer wiederholt. Paulus kannte dieses Problem und hat sich geschworen, kein Prospektprediger sein zu wollen. Denn ich wollte nicht wagen, von etwas zu reden, das Christus nicht durch mich gewirkt hat, um die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk, durch Kraft der Zeichen und Wunder und durch Kraft des Geistes. Röm. 15, 18-19. „Prospekt oder Wirklichkeit?“ weiterlesen

Das Herz setzt eigene Maßstäbe

Der Mensch sieht was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. 1. Samuel. 16, 7

Der Kardiologe, als Herzspezialist, sieht im Herzen des Menschen ein Organ und die Mitte seines physischen Lebens. Das Herz versorgt den Organismus Tag und Nacht mit Blut, wie eine Pumpe mit enormer Zähigkeit und großartigem Leistungsvermögen.

Die alten Gelehrten, wie Aristoteles und Homer, sahen im Herz weit mehr als nur einen Muskel, der Blut pumpt. Sie betrachteten das Herz als Mitte unseres seelischen und geistigen Lebens. Für sie ist das Herz das Ich, das Ego, der Sitz der Persönlichkeit.

Herz und Verstand denken und entscheiden nicht immer auf gleicher Ebene. Während der Verstand rationalisiert, beurteilt und kühl rechnet, zeigt das Herz Gefühle; es sympathisiert und schenkt sogar blind Vertrauen. Herz und Verstand können sogar im Krieg gegeneinander stehen und Konflikte auslösen, die bleibende Schäden verursachen, bis hin zum Nervenzusammenbruch. So spricht man vom Herzeleid, dem seelischen Schmerz und am Ende von einem frühen Tod durch Herzeleid und Kummer. „Das Herz setzt eigene Maßstäbe“ weiterlesen

Der Herr ist mein Hirte

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. Er erquickt meine Seele. Er führt mich auf rechter Straße, um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Psalm 23

Die deutsche Übersetzung des 23. Psalms hat nur 93 Wörter. Lesen wir dagegen Goethes gesammelte Werke, dann hat der Gesamtinhalt, mit seinen vielen tausend dicht bedruckten Seiten nicht so viel Aussagekraft wie dieser Psalm. Es gibt kein gehaltvolleres Wort unter dem Himmel, das so viele Tränen getrocknet hat, wie dieser Psalm. Schwache und Niedergedrückte hat er aufgerichtet und mutig gemacht. Einsamen hat er Trost gespendet. Sterbenden war er Wegzehrung für ihre letzte Wegstrecke. Gefangenen wurde er zur Hoffnung und gab ihnen Kraft, durchzuhalten. Verirrten spendete er Licht und gab Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. „Der Herr ist mein Hirte“ weiterlesen

Die betrübte Seele

Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist. Psalm 42, 6

Offenbar haben wir es hier mit einem Selbstgespräch zu tun. Der Schreiber befasst sich mit seiner Seele und es macht den Anschein, als sei er mit sich selbst nicht zufrieden. So spricht er sich Mut und Gottvertrauen zu und ist sein eigener Seelsorger geworden – eine tolle Idee, meine ich. Wer sich selbst nicht kennt, bleibt sich ein Rätsel. Erstaunt steht er vor seinen Reaktionen und ist sogar enttäuscht, wenn diese aus der Bahn geraten.

Die Seele gleicht einem geheimnisvollen Bündel, gefüllt mit Gefühlen, Erinnerungen, Wünschen, Furcht und oft nur nebenbei auch mit Gottvertrauen. War der Schlaf mangelhaft, kann eine Tasse Kaffee ihr Stimmungsbild wieder zurecht rücken und schon singt sie wie eine Nachtigall. „Die betrübte Seele“ weiterlesen

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