Die Tür schließen

Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein und schließe die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.
Matthäus 6, 6

Das Gebet spielt wohl in allen Religionen eine wichtige Rolle. Wir hatten uns in Sri Lanka einen Bus mit Fahrer gemietet, der uns nach Candy bringen sollte. Unterwegs kamen wir an einen buddhistischen Tempel. Der Fahrer stoppte, ging zum Tempel und betete vor einer Statue und warf einige Geldstücke in einen Opferstock. Ich fragte ihn, warum er das tue. „Ich wünsche mir eine sichere Fahrt,“ war die Antwort. Dann ging die Reise weiter. Ich wünsche mir … Bestehen nicht die meisten Gebete nur aus Wünschen? Wir beten, weil wir uns etwas wünschen. Der eine wünscht sich Gesundheit, der andere Erfolg für die bevorstehende Prüfung, wieder ein anderer wünscht sich einen guten Schlaf usw. Die Wunschliste kann endlos sein.

Das, was Jesus hier über das Gebet sagt, lässt aufhorchen: Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein und schließe die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Hier wird das Gebet als etwas sehr Offizielles beschrieben. Da will jemand beten und schließt sich ein, damit er ganz allein sein kann, um zu beten; und dann spricht Jesus davon, dass Gott ihn erhören wird.

Ja, ich möchte erhörlich beten; ich glaube an einen Gott, der Interesse daran zeigt, was mich bewegt, der mir zuhören möchte, um mir dann auch zu helfen.

Wer das wirklich will, kommt nicht daran vorbei, seine Tür zu schließen. Dann tut er es, um ganz allein sein zu können; allein, damit er besser hören kann; allein, um abzuschalten; allein, um sich innerlich zu sammeln, allein, um Gott ganz zur Verfügung zu stehen und zu sagen: „Rede Herr, dein Knecht hört.“

Jesus riss sich von der Volksmenge los, stieg auf einen Berg oder floh in die Wüste, um ganz allein sein zu können. Hier schöpfte er Kraft und Gott konnte zu ihm reden; hier gab Gott ihm die Salbung für einen vollmächtigen Dienst.

Sicher ist es nicht immer leicht, eine Tür zu schließen. Man hat sich so an den Lärm gewöhnt, dass man die Stille nicht ertragen kann. Dazu stellt sich auch die Frage, wie viel Zeit wir haben, um zu beten. Sind wir nicht ständig auf Trab, ständig ist etwas los; eigentlich sind wir eine gejagte Gesellschaft, – auch daran haben wir uns gewöhnt. Und nun sollen wir in das Kämmerlein gehen und auch noch die Tür schließen? Ist das nicht zuviel verlangt? Also begnügen wir uns mit Stoßseufzern und auswendig gelernten Gebeten oder mit Wünschen oder wir lassen andere für uns beten. Nur wundern dürfen wir uns dann nicht, wenn der Himmel schweigt und wir uns innerlich aufreiben und schließlich auf der Strecke bleiben.

Beten ist eben mehr, als Sprüche zu machen und zu wünschen. Beten ist der Lebensstil der Heiligen, das sind solche, die mit Gott rechnen und Geschichte schreiben möchten und in umgekehrter Weise kann auch Gott mit ihnen rechnen. Beten ist Atmen der Seele. Im stillen Kämmerlein tankt sie Licht und Sauerstoff, um einen rauen Alltag erfolgreich meistern zu können. Gehörst du dazu?

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