Lasst uns gehen nach Bethlehem

Da sagte der Engel zu den Hirten, die auf dem Felde waren: „Habt keine Furcht! Denn ich bringe eine große Freudenbotschaft, die für das ganze Volk bestimmt ist. Euch ist heute in Bethlehem ein Retter geboren – es ist Christus, der Herr. Als Erkennungszeichen dient euch: Ihr werdet ein Kindlein finden in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.“ Lukas 2, 10-12

Als ich zum Kalender griff, um einen weiteren Zettel abzureißen, blickte ich auf die Rückseite und musste schmunzeln. Eine Karikatur zeigte den St. Nikolaus hinter seinem Schreibtisch sitzend; vor ihm stapelte sich ein Berg von Wunschlisten, den er nicht mehr überblicken konnte. Jemand hatte ihn gerade angerufen, um seine Wünsche zu nennen. Schwitzend sagte er mit letzter Kraft: „Fragen Sie doch in vier Wochen noch einmal nach…“ Der arme St. Nikolaus, dachte ich…

Da klingelte es plötzlich Sturm. Ich rannte zur Haustür. Keuchend erscheint der Briefträger mit einem Päckchen und, während ich den Empfang bestätigte, sagte er: „Sie glauben ja nicht, was in diesen Tagen los ist. Nur Hetze. Jeden Tag dasselbe: Treppen rauf, Treppen ab…, aber noch ein paar Tage, dann ist der ganze Rummel vorbei, dann kehrt wieder Ruhe ein.“ Wie Recht hatte doch der Karikaturist mit seinem schwitzenden St. Nikolaus, dachte ich. Schnell musste ich noch etwas besorgen. Das Kaufhaus empfing mich mit seiner wohltuenden Wärme. Überall hatte man reich dekoriert, schließlich war ja bald Weihnachten. Von irgendwo aus einem Lautsprecher drang leise eine liebliche Kinderstimme an mein Ohr: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind…“ plötzlich wurde der Gesang unterbrochen. Eine schrille Stimme ertönte über den Lautsprecher: „Liebe Kunden, besuchen Sie uns in der dritten Etage, hier finden Sie, was sie schon lange gesucht haben und das alles zu günstigen Preisen.“ Die Kinderstimme sang das Lied zu Ende. Es schien, als hätte niemand zugehört, denn hier war jeder mit sich selbst beschäftigt. Ich höre immer noch die Worte des Postboten: “ … aber noch ein paar Tage, dann ist der ganze Rummel wieder vorbei.“ Armer St. Nikolaus, armer Postbote, geplagter Kunde. – Alle Jahre wieder… ist das alles?

Mit Abstand wird das Weihnachtsfest von allen christlichen Festen am intensivsten gefeiert. Woran das liegt? Ist es wegen der Botschaft: „Euch ist ein Retter geboren… “, oder ist es der alle Jahre wiederkehrende Rummel, der unserem tristen Alltag wieder etwas Glanz verleihen soll oder das Wiedersehen mit Menschen, die man das ganze Jahr hindurch nicht mehr gesehen hat? Der Bericht von Lukas geht weiter: Und plötzlich war bei dem Engel eine Menge des himmlischen Heeres. Sie lobten Gott mit den Worten: Herrlichkeit ist bei Gott in den Höhen der Himmel, und auf Erden ist nun Friede in den Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat! Dann kehrten sie in den Himmel zurück. Nun sprachen die Hirten zueinander: Lasst uns nach Bethlehem gehen und die Sache sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr hat kundwerden lassen! Und sie kamen eilend und fanden Maria und Joseph und das Kindlein in der Krippe.

Was hier berichtet wird, ist kein Rummel, mit dem sich viel Geld verdienen lässt. Unsere Väter haben dieses großartige Ereignis zu würdigen gewusst und hielten es für so bedeutungsvoll, dass sie dem Retter die größten Kathedralen und Kirchen bauten, um ihn anzubeten. Man begann sogar, von seiner Geburt an, den Kalender neu zu schreiben. Heute rechnen wir von diesem Tag an und schreiben das Jahr Anno Domini. Auch wir wollen gehen, um den Retter anzubeten.

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