Als ich noch ein Kind war, da redete, fühlte und dachte ich wie ein Kind. Als ich dann aber erwachsen war, habe ich die kindlichen Vorstellungen abgelegt. 1. Korinther 13, 11
Ich erinnere mich gut, als Mutter eines Tages die Kleidung auszusortieren begann; dabei kam auch meine dran. Ich nahm Wäscheteile und versuchte sie nochmals anzuziehen. Sie passten nicht mehr. Ich war herausgewachsen. Ich war stolz darüber, denn ich war in der Zwischenzeit gewachsen. Paulus sagt etwas Ähnliches: Ich habe meine kindlichen Vorstellungen abgelegt, weil ich erwachsen geworden bin. Können wir das von uns auch sagen? Können wir sagen: “Es passt nicht mehr zu mir, ich bin erwachsen geworden?“
Mit Interesse las ich den Bestseller von Peter Hahne „Schluss mit lustig“. Mit anderen Worten verfolgt auch er diesen Gedanken:
Verlasst eure Spielwiesen, lasst es genug sein mit lockerer Unterhaltung, mit Zeitvertreib, mit Unverbindlichkeit und Selbstverwirklichung. Werdet vernünftig, sonst steht eine ganze Nation eines Tages vor dem Aus. – Könnte man das nicht ebenso gut auch für Christen geschrieben haben, die sich keine Mühe geben, endlich erwachsen zu werden? Als ich versucht hatte, die abgelegten Kleidungsstücke wieder anzuziehen, war für mich der Zeitpunkt gekommen, einen neuen Lebensabschnitt zu betreten. Ich war gerade 12 Jahre alt. Vater hatte uns verlassen; er war freiwillig aus dem Leben geschieden. Mutter war allein mit drei Kindern. Ich war der Älteste. Die Zeit war gekommen, mitzuhelfen, die Familie zu versorgen. Tag für Tag trug ich Zeitungen aus und verbesserte die kleine Unterstützung, die man Mutter zukommen ließ. Einige Monate später verloren wir unser Haus durch Bombenterror. Nun waren wir auch noch heimatlos und es begann ein langer, harter Kampf des Überlebens in der Fremde. Jetzt bereiste ich die tiefen Wälder, um nach Beeren und Pilzen zu suchen.
Schaue ich heute zurück, möchte ich keinen Tag missen. Das Leben hatte mich kämpfen gelehrt. Bei Mutter habe ich gelernt, ihre Nöte zu teilen; zusammen haben wir geweint und gelacht. Die Herausforderungen ließen in mir Stärke wachsen. Es verblieb keine Zeit für sorgloses Spielen. Die Verantwortung hatte mir den Blick geschärft, Möglichkeiten des Überlebens zu entdecken. Statt zu fliehen, musste ich mich dem Kampf stellen. Statt Selbstmitleid zu haben, teilte ich mein Schicksal mit vielen Millionen meines Alters. Fast alle hatten ihre Väter auf den Schlachtfeldern verloren. Viele sind zwar alt geworden, aber nicht reif und erwachsen. Wissen allein macht noch keinen erwachsenen Menschen. Erwachsen werden bedeutet Verantwortung übernehmen, aufhören mit Selbstmitleid und geistlichem Egoismus, Vater- und Mutterschaft annehmen. Gott möchte erwachsene Nachfolger und keine Kleinkinder, denen man Sonntag für Sonntag die Wangen streicheln muß, damit sie wieder kommen.
Die Frage stellt sich, wie wir uns verhalten, wenn wir zum Kampf herausgefordert werden? Stellen wir uns mutig oder fliehen wir? Was tun wir, wenn unsere Gebete nicht erhört werden? Klagen wir Gott an oder danken wir wie Hiob? Wie verhalten wir uns, wenn man uns kein Dankeschön zukommen lässt? Meiden wir solche Menschen oder haben wir sie trotzdem lieb? Wie reagieren wir, wenn wir angegriffen werden oder man uns verdächtigt und verleumdet? Greifen wir zur Selbstverteidigung oder sind wir beleidigt oder bitten wir mit Jesus: „Herr, vergib ihnen, sie wissen nicht was sie tun?“