Der sechste Newsletter von Sonja Müller aus Peru kam Anfang Juni 2024. Weil die Größe des Newsletters (4,2 MB) die hier erlaubte Grenze von 2 MB übersteigt, habe ich hier mal nur den Text rein kopiert und die Bilder weggelassen. Wer das Original haben möchte, möge mir schreiben …
Hallo ihr Lieben,
hier bin ich endlich mal wieder!
Dieses Jahr fand nun zum zweiten Mal das Diospi-Suyana Jugendfestival statt. Neben meinem Securitydienst an den Nachmittagen und Abenden am Amphietheater wie letztes Jahr schon, leitete ich dieses Jahr mit zwei weiteren Missionarinnen noch einen Workshop an den Vormittagen.
Hier ein kleiner Artikel den ich für Michael Stahls Kanal geschrieben habe:
„Selbstverteidigungskurs für Frauen bei Jugendfestival in Peru
In den letzten 5 Tagen des Aprils 24 fand in dem kleinen Andenörtchen Curahuasi in Peru (2 ½ Autostunden von Cusco entfernt) zum zweiten Mal ein Jugendfestival statt.
Diospi Suyana organisierte 10 internationale, christliche Musikbands, die die Abende mit fetzigen Konzerten bespielten. Ihnen voran ging immer ein Gottesdienst und die Tage waren gefüllt mit einer gemeinsamen Morgenandacht und einem über den Tag verteilten, sehr breiten Workshop-Angebot.
Wir waren vorbereitet auf 4000 Besucher und die kamen auch.
Sabine, Sonja (beides PROTACTICS MSE Trainerinnen) und unsere Kollegin Damaris boten täglich jeweils vormittags und nachmittags einen Selbstverteidigungs-Workshop für Frauen an. Dieses Angebot fand regen Anklang und der Workshop wurde von ungefähr 190 Frauen während der angebotenen 6 Einheiten besucht.
Wir konnten jeweils zu Beginn einen guten biblischen Grundstein legen bezüglich der Vaterliebe Gottes für uns, Selbstwert, Anrecht auf Selbstbestimmung unseres Körpers, Selbstbewusstsein und sicheres Auftreten. Und dann wurde es auch direkt praktisch. Die Übungen bauten aufeinander auf und schon ein energisches, selbstsicheres „NEIN“ zu rufen, fordert viele Frauen hier sehr stark heraus. Wir übten unser „NEIN“ klar zu artikulieren und auch mit einer körperlichen Abwehraktion zu untermauern.
Ebenso wurden Handbefreiungen unterschiedlicher Levels und Befreiung aus einem Würgegriff erlernt und einstudiert.
Wir konnten richtig spüren, wie dieses Training den Frauen guttat und sie gestärkt hat. Aufgrund einiger gestellter Fragen und auch gegebenen Feedbacks war klar erkennbar, dass viele schon mal Opfer sexueller Übergriffigkeiten oder räuberischer Überfälle waren.
Die Bedrohung und Unterdrückung von Frauen ist hier in Peru sehr real und gegenwärtig. Umso dankbarer sind wir mit diesen Workshops einen kleinen Unterschied gemacht zu haben und sprechen den Segen Gottes im Namen Jesu Christi über jeder einzelnen Teilnehmerin aus.“
Im letzten Rundbrief hatte ich euch ja eher bisschen von den Ereignissen, die bei Diospi-Suyana so das Jahr über verteilt stattfinden berichtet. Da diese sich im Grunde jährlich wiederholen, möchte ich euch dieses Mal ein bisschen etwas davon erzählen, was hier sonst noch so los ist und war.
Schlimmer Unfall eines Missionars
Vor nun fast einem Jahr ist einem Missionar von uns das wohl schlimmste passiert, was einem Autofahrer passieren kann – nämlich ein Kind vors Auto gelaufen. Es passierte völlig unvermittelt und das Kind kam zwischen parkenden Autos hervor und wollte zu seinen Eltern auf die andere Straßenseite. Es gab leider keine Chance zu bremsen und das Kind verstarb leider kurz darauf bei uns in der Klinik. Das war eine furchtbare Situation für uns alle. Denn neben dem Schock und der Trauer um das Kind, der Sorge um den Missionar (der zwei Tage bei der Polizei in Curahuasi in Untersuchungshaft saß), birgt solch ein Vorfall auch immer ein unkalkulierbares Risiko für Angriffe/Anfeindungen gegen uns „weisse“ allgemein. Gott sei Dank blieb das alles aus und der Missionar ist nach langwierigen Untersuchungen der Staatsanwaltschaft in Curahuasi und der in Abancay mittlerweile sei ein paar Wochen komplett freigesprochen worden. Leider waren die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Wir beten weiter für die Familie, dass sie den Verlust ihres Kindes so gut es geht verarbeiten können und auch der Missionar einen guten Umgang damit finden kann.
David & Estefanie
David, ein junger, 24jähriger Mann kam letztes Jahr im März nach einem Jahr wieder zu Martina John in die Sprechstunde. Erstmals vorstellig wurde er mit einem Hirntumor, das erinnerte Martina noch sehr gut. Da wir bei uns keine Onkologie haben, müssen wir Krebspatienten immer in das staatliche System verweisen. Nun war er nach einem Jahr wieder bei uns, in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Der Krebs hatte mittlerweile leider überall gestreut, einen Tumor hinter dem rechten Auge gebildet und die inneren Organe befallen. Wie wir später herausgefunden haben, leider aufgrund der eigenverantwortlich abgebrochenen Erstbehandlung seines Hirntumors. Trotz der schlechten Diagnose nahm Martina ihn erstmal stationär auf. Sie rief mich an, da sie wusste, dass wir kurz zuvor mit 5 weiteren Freunden, eine Gruppe gegründet hatten, die sich zum Ziel gesetzt hat, bewusst für Kranke zu beten und z.B. Markus 16,15-20 (die Bibel) in die Tat umsetzten und erleben möchte. Und so haben wir es gemacht. Am nächsten Tag ging ich mit Martina zu ihm, lernte ihn kennen, wir beteten, fasteten für ihn, erzählten ihm von der Hoffnung, die er in Jesus hat, dann bekam er wenige Tage später einen Platz in einem staatlichen Krankenhaus in Cusco für Dialyse. Das war schon ein kleines Wunder. Ich war mir sicher Gott würde ihn heilen. Leider hatte ich mich da geirrt. Wenige Wochen später ist er leider an seiner Erkrankung verstorben.
Das war für mich und auch für unsere Gruppe echt eine Herausforderung. Was wir aber wissen dürfen ist, dass er aufgrund des gehörten Evangeliums und der Hoffnung in Jesus, von der er bei uns gehört hatte, sein Leben noch Jesus gegeben hatte. So wissen wir, dass wir ihn eines Tages wiedersehen werden und er jetzt an einem wunderbaren Ort, ohne Schmerzen und Leid ist. Es hatte sich also alles gelohnt.
Estefanie, 28 Jahre, lernte ich letztes Jahr im Oktober kennen. Ähnlich wie bei David war sie schon längere Zeit Patientin von Martina. Da auch sie ein absolutes Wunder brauchte und medizinisch nicht mehr viel für sie getan werden konnte, rief mich Martina an, ob wir für sie beten würden. Estefanie kam zu uns mit einer schweren Autoimmunerkrankung, wahrscheinlich Magersucht (sie wog noch 26kg), sie konnte ihren Kiefer kaum mehr öffnen,
kaum mehr sprechen und hatte schwere Schmerzen. Henriette und ich nahmen uns hauptsächlich ihrer an, beten für sie, erzählten ihr von Jesus, den sie anscheinend auch schon kannte und an ihn glaubte. So beteten wir auch
um Befreiung von bösen Geistern und erlebten, wie sie sich danach tatsächlich sehr positiv veränderte. Sie konnte ihren Mund wieder normal öffnen, hatte auf einmal wieder Appetit und nahm auch etwas an Gewicht zu. Wir verbrachten recht viel Zeit mit ihr, fuhren sie im Rollstuhl raus an die frische Luft, sangen Anbetungslieder mit ihr und nach zwei Wochen konnte sie entlassen werden. Die darauffolgende Woche kam sie mit ihrer Schwiegermutter überraschend in die Notaufnahme, da sie zu Hause anscheinend ohnmächtig und umgekippt war. Ihr Allgemeinzustand war insgesamt jedoch schon besser, sie konnte bisschen laufen, hatte zugenommen. Sie bekam eine Behandlung und hatte für die darauffolgende Woche sowieso einen Termin zur allgemeinen Kontrolle.
Zu diesem Termin erschien sie allerdings nicht. Das ist hier nichts sehr Ungewöhnliches, deshalb warteten wir den nächsten Tag ab und Henriette fragte, nachdem sie dann immer noch nicht aufgetaucht war, per WhatsApp bei der Mutter nach. Die Antwort war ein Schock. Sie war am Tag zuvor verstorben. Es ist nicht einfach und wir verstehen auch als Christen so vieles oft einfach nicht. Ich bin dennoch so dankbar, dass wir sie kennenlernen durften, für sie da sein, ihr Liebe entgegenbringen und sie ermutigen konnten.
Unsere Gruppe geht sonntags nachmittags immer raus in den Ort, wir beten mit und für Menschen, erzählen ihnen von der Hoffnung in Jesus und der guten Nachricht, die er uns bringt und wir konnten schon einiges an Führung und auch Heilungen erleben. Er ist gut und treu und er hat alles in seiner guten Hand.
Was ihr hier für einen Unterschied macht
Durch unsere sonntäglichen Einsätze kommen wir oft nun auch an Orte oder Wege entlang, an die man sonst so nicht unbedingt kommen würde. So stießen Henriette und ich eines Tages auf Kalin, die allein am Wasseranschluss neben ihres Hauses saß und Geschirr abwusch. Kalin ist acht Jahre alt und kam im März in die dritte Klasse. Wir besuchten sie zwei, drei Mal und dann hatte sie etwas Vertrauen gefasst und berichtete uns, dass sie für den Schulstart im März noch keine Schuluniform habe. Wir erkundigten uns, wann wir denn auch mal ihre Mutter antreffen könnten, kamen wieder und hatten an einem Nachmittag Glück und trafen alle an. Wir sprachen mit der Mutter und nach einigen Nachfragen und Absprachen sicherten wir ihnen zu sie beim Kauf der Uniform zu unterstützen. So zogen wir paar Tage darauf gemeinsam los in den Ort und kauften in dem entsprechenden Laden ein. Rock, Bluse, Schuhe, Socken, und auch einen schönen Rucksack, der noch fehlte, konnte sie sich aussuchen. Das macht alles ihr möglich!
Durch eure Unterstützung an mich kann ich hier mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Gegend gehen und Menschen in ihren Bedürfnissen begegnen und sie segnen. Bitte vergesst nicht, dass ihr an dem allen hier maßgeblich beteiligt seid!
Auch meiner Freundin Eldy kann ich immer mal wieder aus der finanziellen „Patsche“ helfen und sie ganz praktisch unterstützen. Eldy ist eine sehr gläubige, peruanische, alleinerziehende Mutter, ursprünglich aus Lima. Sie spricht recht gut Deutsch, da sie vor einigen Jahren einmal für einige Jahre in
Deutschland gelebt hat. Sie kam vor der Pandemie aufgrund der Diospi Schule für ihre aktuell zehnjährigen Zwillingsmädchen nach Curahuasi und wir haben uns kennengelernt, weil ich damals noch mit Lucky immer an ihrem früheren Haus vorbeigelaufen bin.
Letztes Jahr wurde eine ihrer Töchter von einem Hund abends vor ihrem Haus so feste in die Hand gebissen, dass der kleine Mittelfingerknochen brach. Das musste bei uns noch in der Nacht operiert werden und Hanna war danach noch eine Woche im Krankenhaus – und Eldy mit ihr. Ruth, die andere Tochter, hat so lange einfach bei mir gewohnt. Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir uns kennen und Freunde sind.
Was die nächsten Wochen so ansteht
Aktuell laufen die Vorbereitungen für die erste Frauenkonferenz in drei Wochen auf Hochtouren. Geplant ist ein Wochenende voller Schönheit, Impulsen, Entspannung, Gottes Wort, leckerem Essen, Workshops und einfach einer guten Zeit unter Frauen für sie zum Auftanken. Das Ganze wird in der Krankenhauskapelle und in ein paar Räumlichkeiten des Hospitals stattfinden und wird ausgelegt für 150 Frauen aus Curahuasi und Umgebung.
Besonders Frauen mit indigenem Hintergrund laufen hier meist mit Blick nach unten und auch sehr gebeugt durchs Leben. Wir wünschen uns vor allem, dass sie in dieser Zeit Gottes Wahrheiten über ihrem Leben verstehen, annehmen und verinnerlichen können und mit einem neuen Selbstvertrauen und Selbstwert, gestärkt und aufgetankt wieder nach Hause gehen können. Ich bin hauptsächlich im Dekoteam aktiv, was jetzt die Tage viel basteln und vorbereiten bedeutet. Zudem werde ich mit Henriette, Ruben (Missionare) und Daniel (meinem peruanischer Zahnarztkollege) in zwei Wochen nach La Rinconada fahren. La Rinconada ist die höchst gelegene Minen“stadt“ hier in Peru und sehr lebensfeindlich und wohl recht unwirtlich, da auf 5200 Höhenmetern gelegen und hauptsächlich illegalen Minen. Es herrscht dort wohl sehr hohe Trostlosigkeit, hohe Kriminalität, viel Prostitution, sehr hoher Alkoholkonsum, viel Krankheit und eisige Kälte, mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 1°C. Henriette und ich hatten davon gehört und uns war beiden klar, dass wir dort hinmüssen und Gottes Wort bringen. Wir hoffen, dass wir dort möglichst viele Menschen antreffen können, ihnen von Jesus erzählen mit und für sie beten können und so einfach Gottes Licht in diesen dunklen Ort bringen können. Ich bin sehr gespannt was uns dort erwartet und hoffe sehr, dass diese Reise zum Segen für viele werden kann. Auch, dass wir Gottes Schutz und Bewahrung dort und auf der Reise erfahren und wir auch ganz praktisch die Höhe gut vertragen können (für Interessierte, hier eine kurze Reportage von vor ein paar Jahren des „Weltspiegel“ auf YouTube https://youtu.be/q0kt5m0AoxU?si=bNUmrBJEFRx_pPnr)
So bitte ich euch, dass ihr uns im Gebet unterstützt und ganz besonders die nächsten Wochen im Gebet begleitet. Einmal für den Einsatz in La Rinconada und dann auch für die Frauenkonferenz.
Danke nochmal, für alles, was ihr hier möglich macht. Möge Gott euch segnen und persönlich ganz neu begegnen.
Herzlich, eure Sonja
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Ich wünsche allen Lesern meines Blog einen schönen Sommeranfang und Gottes Segen beim Lesen von Sonjas Erlebnissen in Peru, wo jetzt wohl bald Herbstanfang ist. Lasst euch dabei von eurem Herzen leiten an der Mission von Diospi Suyana mitzuhelfen, wo und wie auch immer es euch möglich ist.
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